Ein Ritter der Blutgarde im Schloss!

Der Torwächter betrat eiligen Schrittes das Schloss und lief sogleich zu Tandor Mernes, der in der Eingangshalle stand. Er wechselte mit diesem einige Worte. Während dieser Zeit musste der Ritter der Blutgarde eingetreten sein. Der Torwächter hatte ihn hier hergeleitet, da er dringend mit der Königin sprechen wollte. Nun sprach der Torwächter den Ritter an.

"Wartet hier! Ich werde der Königin bescheid geben, dass ihr hier seid.!

Nach diesen Worten schritt er schnell durch die Halle und trat durch die Tür auf der anderen Seite. Dort entschuldigte er sich für die Störung mit einer tiefen Verbeugung. Nachdem die Königin ihm das Wort erteilt hatte, berichtete er ihr von dem Ritter, der in der Eingangshalle wartete. Die Königin wartete nicht lange, sie schickte den Wächter zurück auf seinen Posten.

So eilte der Torwächter zurück in die Empangshalle.

"Die Königin wird euch gleich Empfangen!", sagte er zu dem Ritter und ging dann aus dem Schloss um wieder auf seinen Posten zu gehen.

Mit schweren Schritten folgte der stolze Reiter dem Torwächter, bis sie in der Empfangshalle angekommen waren. Dort blieb er stehen, lies seinen Blick über die Einrichtung schweifen und dachte daran, wie er wohl sein Haus in Keretien einrichten würde. Er war ein Krieger, doch hatte er schon zu viele Schlachten miterlebt. Selbstverständlich war er seinem Herr treu, er befolgte jeden seiner Befehle und stand immer in der ersten Reihe, wenn es darum ging einen Feind in die Flucht zu schlagen. Doch sehnte er sich nach einer festen Bleibe. Nach einem Haus, einer Frau die ihn liebte und Kindern, um die er sich kümmern konnte. Er träumte schon von langem von einem Garten. Er musste nicht groß sein, nur so, dass man verschiedene Gewürze darin anpflanzen konnte. Während er so in seinen Gedanken vertieft war kam der Torwächter zurück und berichtete ihm, dass die Königin ihn empfangen würde. So trat er ein paar Schritte näher auf den Thronsaal zu, in der Erwartung die Bitte seines Herrn endlich überbringen zu können ...

Der Torwächter war schon vor einigen Minuten gegangen, als sich die Tür öffnete und die Königin von Lichtwalde endlich den Ritter in Empfang nahm. Sie schritt die Halle entlang und blieb dann einen Meter vor dem Reiter stehen. Interessiert mussterte sie ihn. Sie hatte noch nie einen von der Blutgarde gesehen, geschweige denn von der Blutgarde gehört. Sie wusste nur das wenige, was der Torwächter ihr über den Mann erzählt hatte. Angst hatte sie nicht vor ihm. Mit ihren violetten Augen beobachtete sie ihn genau und es vergingen einige Sekunden, in denen sie ihn nur so ansah.

Schließlich sprach sie im ruhigen Ton zu ihm.
"Willkommen in Lichtwalde! Folgt mir in ein Raum, in dem wir bereden können, was euch hergebracht hat."

Nach diesen Wortenging sie zu einer Tür auf der rechten Seite der Empfangshalle. links und rechts neben der Tür standen zwei Wachen. Diese öffnete die Königin und schritt hinein. Der Raum war nicht sehr groß, doch befand sich dort ein kleiner Kamin, zwei Sessel und ein kleiner Tisch dazwischen. Alleine das Feuer im Kamin spendete Licht in dem kleinen Raum. Auf dem Tisch stand eine Schale mit Obst, eine silberne Karaffe mit wasser und zwei silbernen Kelchen. Rawiya setzte sich in den Sessel, rechts vom Kamin.

"Schließt die Tür hinter euch und setzt euch! Wünscht ihr etwas zu trinken?", fragte sie ihren Gast freundlich.

Als die Königin nach einigen Minuten endlich auf ihn zu kam rutschte ihm das Herz in die Hose. Hatte sein König doch einen äußerst guten Geschmack was Frauen betraf. Er musterte sie kurz, so wie sie ihn musterte, dann folgte er ihr schweigend in das kleine Zimmer, schloss die Türe hinter sich, wie ihm geheißen und setzte sich ihr gegenüber auf den noch freien Sessel.

"Ihr seid also Rawiya .. ich habe schon viel von euch gehört. Im fernen Keretien, in das unsere Truppen gerade einmarschieren, erzählt man sich abends in den Zelten die wildesten Geschichten von euch."

Er schwieg kurz und musste derweil an seine Kameraden denken, die in diesem Moment wohl gegen die Sidhe kämpften oder wieder ein mal einige Shintai in einen Hinterhalt lockten.

"Meinem König, Magol in Gorthrim, sind diese Geschichten auch zu Ohren gekommen und er meinte, wenn nur ein Bruchteil davon der Wahrheit entspricht, will er euch auf jeden Fall kennen lernen. Da ihr noch viel hübscher seid als man sich am Lagerfeuer erzählt trifft zumindest dieser Punkt schonmal zu."

Der Reiter musste grinsen, versuchte es jedoch zu verbergen. So saß er da, in Erwartung einer Ohrfeige ..

Ihre Frage wurde nicht beantwortet, statt dessen sprach der Reiter davon, dass er schon einiges von ihr gehört hatte. Gerüchte von ihr gingen herum, wurden in den lagern von tapferen Männern erzählt. Rawiya konnte kaum glauben, dass man herum erzählte wie hübsch sie sei. War dies wirklich möglich oder erfand der Reiter nur etwas um sie um den Finger zu wickeln? Der König, Magol in Gothrim, wollte sie kennen lernen, wenn diese Gerüchte über sie wahr waren. Die Dunkelelfin fragte sich, welche Gerüchte von ihr verbreitet wurden und währned sie so über das Gesagte nachdachte, fixierte sie den Reiter genau. Ihr Blick wirkte sogar etwas düster.

"Man erzählt sich also Geschichten über mich. Nun, erzählt mir doch ein paar von diesen Gerüchten und ich werde euch sagen können, ob sie wahr sind oder nicht", antwortete sie im ruhigen Ton.

Von ihrem Blick etwas eingeschüchtert und aus Angst vor Magol's Reaktion, sollte er erfahren in welchen Worten der Reiter zu seiner Herzensdame sprach, redete er etwas leiser und vorsichtiger weiter.

"Verzeiht meine Wortwahl, ich bin auf dem Schlachtfeld aufgewachsen und kenne das Benehmen zu Hofe nur aus Geschichten. Was man über euch erzählt .. nun, eure Güte, euer Stolz und eure Schönheit sind in aller Munde. Wohin man auch geht, überall sprechen die Leute schon von euch. Von einem Engel, gefangen in einem unscheinbaren Reich. Jetzt sitze ich hier, vor euch, in einem edlen Sessel und sehe, dass diese Erzählungen nicht nur gute Nacht Geschichten sind. Ich sehe auch, dass sie euch bei weitem nicht gerecht werden. Habt keine Angst, ich bin ein Soldat und habe mein Leben dem Kampf gewidmet, nicht den Frauen. Von mir habt ihr nichts zu befürchten, genau so wenig wie von dem Rest der Blutgarde."

Er schwieg kurz und schaute sich in dem Zimmer um. Als sein Blick auf die Karaffe und die zwei Kelche fiel wartete er nicht lange. Er füllte die Kelche, reichte der Königin Lichtwalde's einen und wartete geduldig, bis sie den ersten Schluck nahm. Während dessen lies er noch schnell ein grünliches Pulver in beide Kelche rieseln ..

Ein Engel sollte sie sein? Nein, ein Engel war sie wahrlich nicht. Wie konnte eine Dunkelelfin ein Engel sein? Nein, sie war gewiss kein Engel. Sie mochte vielleicht einige Gute Eigenschaften haben, doch deswegen war sie noch lange kein Engel und sie würde auch nie einer sein.

Misstrauisch schaute sie zu, wie der Reiter ein grünes Pulver in die beiden Kelche rieseln lies. Auf die Worte, dass sie keine Angst vor ihm haben müsste, sah sie ihn warnend an und sprach zu ihm: "Ich habe vor niemanden Angst! Und was ist das für ein Pulver?" Rawiya war etwas verwirrt. Dieses ganze Treffen war irgendwie sonderbar.

Wieder einmal musste der Reiter grinsen. Sie hatte keine Angst, doch fürchtete sich wohl vor dem Pulver. Still schweigend lies er es in die Kelche rieseln. In ihnen angekommen fing das Wasser plötzlich an zu sprudeln, kleine Luftbläschen bildeten sich und der Duft frischen Waldmeisters stieg in einem sanften, grünlichen Nebel auf.

"Ahoi! Das ist Brause!"

Lachend stellte er ihr einen der Kelche auf den Tisch und trank aus seinem einen großen Schluck. Als das Gebräu seine Kehle hinunter lief brickelte es ein wenig und verschwand schließlich in den Untiefen seines trainierten Körpers. Mit einem schelmischen Blick schaute er ihr in die Augen. Nach kurzem erhob er wieder das Wort.

"Trinkt! Es ist ein Geschenk meines Königs!"

und leise fügte er hinzu ..

"Eigentlich hat er es von einem Magier speziell für euch herstellen lassen ... doch was will man machen ... die lange Reise war langweilig und eintönig ... bitte verzeiht. Wenn ihr mitkommt ... mein Herr sitzt direkt an der Quelle .."

Die Dunkelelfin hatte wahrlich keine Angst vor dem Reiter oder vor dem Pulver. Hätte er ein Pulver hineinmischen wollen, welches ihr geschadet hätte, hätte er es bestimmt nicht direkt vor ihren Augen eingefüllt und vor allem nicht auch in sein eigenes. Sie war lediglich neugierig gewesen, was dieses Pulver bewirkte.

Skeptisch sah sie erst den Reiter und dann das sprudelnde Getränk in dem Kelch an. Und dieses Zeug sollte schmecken? Rawiya bezweifelte dies. Magier hatten dieses Zeug hergestellt? Hatten diese Magier denn nichts besseres zu tun, als irgend einen Zauber für die Unterhaltung zu erfinden? Sie nahm den kelch in die Hand und roch an dem Zeug. Winzige Tropfen sprangen in ihr Gesicht, da es noch immer etwas sprudelte.
Es roch sehr süßlich. Vorsichtig nippte sie an dem Getränk um den Geschmack zu testen.

Es war ein seltsamer Geschmack, der ihr nicht wirklich mundete. So stellte sie den Kelch wieder auf den Tisch.
"Erzählt mir von eurem König", sagte sie zu dem Reiter. Sie wollte zuvor etwas über den König in Erfahrung bringen, bevor sie ihm einen Besuch abstattete.

Als er sah wie Rawiya den Kelch wieder zur Seite stellte war ihm klar, dass sie die richtige war. Sie war die Frau, die er finden sollte, nicht eine Doppelgängerin, Magierin oder dergleichen.

"Ich soll euch etwas über meinen Herrn erzählen? Nun, ich kann euch von seiner dämonischen Herkunft berichten. Davon, dass er von einem ehemaligen Magier Emarya's aus der Hölle heraufbeschworen und mit einem Bann des Guten belegt wurde. Dass er keiner Fliege etwas zu Leide tut, es sei denn die Fliege legt ihre Eier in das Fleisch seiner Freunde. Auch wenn er ein Dämon ist, so hat er doch eine Art, die selbst meine Kameraden fasziniert. Noch nie haben wir einen Mann wie ihn gesehen. Doch hat er auch seine Schwächen. Manchmal, meistens nachts wenn es niemand sieht, dringen unbarmherzige Schreie aus seinem Zelt. Die Schatten, die aus dem schmalen Eingang fallen, zeigen lange Klauen, die seinem Rücken entspringen und Hörnern auf seinem Kopf. Er durchleidet unendliche Qualen. Alles nur wegen dem Bann des Magiers ..."

Während seiner Rede senke sich sein Haupt und sein Blick wurde betrübt, fast traurig. Als dann die ersten Tränen seine Wange hinunterliefen schaute er der Königin noch einmal kurz in die Augen.

"Verzeiht, die letzten Tage waren hart und beschwerlich ..."

Interessiert hörte sie dem Mann zu und reichte ihm ein Tuch, als ihm die Tränen kamen. Der König dieses Mannes war also ein Dämon, mit einem Bann des Guten. Dies war wirklich interessant und Rawiyas neugierde war geweckt. Ruhig sah sie ihn an, sie lies ihm Zeit seine Gefühle zu verarbeiten, denn sie kannte diese Momente, die der Reiter im Moment durchlebte.

Sie nahm sich einige Trauben von dem Obstteller und aß diese in Ruhe. Ihre Gedanken kreisten um den Dämon und dessen was sie nun über ihn erfahren hatte.

"Ihr sagtet vorhin, dass ihr in Keretien seit. Wie ist die Lage dort?", flüsterte sie. Wobei es fast so wirkte als würde sie nur vor sich her reden.